GesellschaftGesundheitKarriereWissen

Social Freezing: Karriere vor Familienplanung

Social Freezing

Die einen sprechen vom Höhepunkt der Emanzipation, die anderen nennen es eine ‚Ökonomisierung des Lebens‘: Das sog. „Social Freezing“ soll es Frauen ermöglichen, ihre Familienplanung um beliebig viele Jahre nach hinten zu verschieben, um sich in jungen Jahren der Karriere widmen zu können. Doch wie gelingt es, die Eizellen „auf Eis“ zu legen? Und mit welchen Risiken müssen Frauen rechnen, die ihre Familienplanung ins Labor verlegen?

Social FreezingDer größte Risikofaktor in puncto Familienplanung ist zugleich auch der, über den am wenigsten nachgedacht wird: das Alter. Die meisten Frauen haben den Wunsch, in ihrem Leben eine gewisse Sicherheit erreicht zu haben, bevor es an den Nachwuchs geht: Eine stabile Beziehung, ein guter Job und ein geräumiges Vorstadthaus – doch das alles kostet Zeit. Und das ist genau das, was wir eigentlich nicht haben. Fakt ist, dass die Chance auf eine erfolgreiche Schwangerschaft bereits ab dem 30. Lebensjahr abnimmt und bei Frauen ab 40 sogar nur noch bei 5% liegt.

Frauen mit Kinderwunsch läuft also im wahrsten Sinne des Wortes die Zeit davon. Diesem Dilemma will das Social Freezing Abhilfe schaffen, indem der Frau in jungen Jahren Eizellen entnommen und diese für eine spätere künstliche Befruchtung eingefroren werden.

Kryokonservierung: Die Geburtsstunde des Social Freezing

Das Einfrieren von Eizellen – fachsprachlich „Kryokonservierung“ – wurde bereits in den 80er Jahren durchgeführt und ist ursprünglich entwickelt worden, um Krebspatientinnen nach der Chemotherapie ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Das erste Kind, das durch In-vitro-Fertilisation einer eingefrorenen Eizelle entstanden ist, wurde 1987 geboren. Während die Eizellen damals noch durch sog. „Slow Freezing“ schrittweise auf -196°C abgekühlt wurden, hat sich heute das Verfahren der „Vitrifikation“ durchgesetzt, bei dem die Eizellen durch das Eintauchen in flüssigen Stickstoff innerhalb von Sekundenbruchteilen eingefroren werden. Dieses neue Verfahren stoppt den Alterungsprozess der Zellen augenblicklich, wodurch sie quasi unbegrenzt eingelagert werden können. Mehr Informationen über dieses Verfahren finden Sie unter seracell-freezing.de.

Obwohl sich das Social Freezing zunächst nur als Nebenprodukt der Kinderwunschbehandlung von Krebspatientinnen entwickelt hat, wird die Nachfrage seit ein paar Jahren immer größer. Im Gegensatz zur ursprünglichen Idee der Kryokonservierung liegt beim Social Freezing keine medizinische Indikation, sondern ausschließlich Beweggründe sozialer Natur vor: Hier werden der gesunden und möglichst jungen Frau mehrere reife Eizellen entnommen, tiefgefroren und so lange eingelagert, bis sie beschließt, ein Kind zu bekommen. Erst dann werden die Eizellen künstlich befruchtet und in die Gebärmutter eingesetzt. Das Social Freezing ist mittlerweile von Gremien wie der „American Society for Reproductive Medicine“ (kurz: ASRM) als reguläre Behandlungsmöglichkeit anerkannt.

Social Freezing: Chancen und Risiken

Social Freezing bietet Frauen in gewisser Weise tatsächlich eine nie zuvor gekannte Freiheit, da es sie vom Ticken der biologischen Uhr und von den natürlichen Grenzen ihrer Fruchtbarkeit befreit. Das Verfahren bietet Frauen, die noch nicht genau wissen, ob sie überhaupt einmal Kinder haben möchten, die noch nicht den richtigen Partner gefunden haben, sich in suboptimalen Lebensumständen befinden oder sich intensiv ihrer Karriere widmen möchten, die Chance, diese wichtige Lebensentscheidung auf später zu verschieben. Doch natürlich hat auch das Social Freezing seine Grenzen. Zu diesen gehört beispielsweise die Tatsache, dass der Faktor „Zeit“, den es ja eigentlich zu eliminieren sucht, eben doch eine gewisse Rolle spielt.

So sind die Chancen auf erfolgreiches Einfrieren, Befruchten und Wiedereinsetzen am höchsten, wenn die Frau bei der Entnahme der Eizellen unter 30 Jahre alt ist. Außerdem sollte die befruchtete Eizelle bis spätestens zum 51. Lebensjahr wieder eingesetzt werden. Falls Sie darüber nachdenken, Ihre Familienplanung auf einen deutlich späteren Zeitpunkt zu verschieben, sollten Sie sich also genauestens über die Voraussetzungen, sowie die Vor- und Nachteile des Verfahrens informieren. Im Folgenden finden Sie die Chancen und Risiken des Social Freezings auf einen Blick:

Social Freezing Chancen:

– Größere Freiheit: Bietet die Möglichkeit, Karriere zu machen und eine Familie zu gründen.
– Schwangerschaft in jedem Alter: Bietet die Chance auf eine Schwangerschaft mit dem bestmöglichen genetischen Material in jedem Alter (ab dem 30. Lebensjahr verliert das Erbgut in den Zellen an Qualität).
– Vorsorge: Bietet die Möglichkeit, auch im Falle einer späteren Krebserkrankung und einer erbgutschädigenden Chemotherapie noch ein gesundes Kind bekommen.

Social Freezing Risiken:

Gesundheitliche Risiken:
– Die Hormonbehandlung, die notwendig ist, damit die Eierstöcke mehr als eine Eizelle pro Zyklus produzieren, kann Durchblutungsstörungen und Zystenbildung zur Folge haben.
– Die Entnahme der Eizellen erfordert eine Vollnarkose.
– Das Wiedereinsetzen der Eizellen kann eine Entzündung der Gebärmutter bewirken.
– Bei erfolgreicher In-Vitro-Fertilisationen ab 40 bestehen Risiken wie Bluthochdruck, Schwangerschaftsdiabetes, Frühgeburten etc.
– Es besteht immer das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft, da bei der künstlichen Befruchtung mindestens drei befruchtete Eizellen eingesetzt werden.

Ethische Bedenken:
– Darf der Mensch auf diese Weise in die Natur eingreifen?
– Welche Folgen hat es, unsere natürlichen Lebensphasen auf diese Weise zu manipulieren?
– Was bedeutet es für die Kinder, wenn Paare erst in ihren 50ern und 60ern Eltern werden?

Hohe Kosten: Für die Stimulation, Entnahme und das Einfrieren der Eizellen müssen Sie rund 2500 Euro, für die Lagerung rund 300 Euro/Jahr rechnen.

Keine Garantie: Ob das Verfahren gelingt, ist letzten Endes Glückssache: Das Einfrieren überstehen rund 80% aller Eizellen und die Erfolgsrate bei der anschließenden In-vitro-Fertilisation liegt zwischen 60 und 70 %.

Bildquelle: © FeeLoona (619534) – pixabay.com

Nachricht hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind markiert *

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.